Was können GründerInnen und Selbstständige von der neuen Regierung 2022 erwarten?

Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Das sind die drei Kernthemen, die sich durch den Koalitionsvertrag der drei neuen Regierungsparteien ziehen. Unter dem Motto „Mehr Fortschritt wagen“ möchte die Koalition ein „Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ sein und Deutschland zu einem modernen, digitalen Innovationsstandort machen – doch was genau planen die drei Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP für Selbstständige und GründerInnen?

Von
Dagmar Schulz
13. Dezember 2021
Minuten
Änderungen für Unternehemen 2022

Inhaltsübersicht

Senkung der GKV-Mindestbeiträge und Altersvorsorge-Pflicht

Auf Seite 75 des Koalitionsvertrags heißt es zum Thema gesetzliche Krankenversicherung:  „Wir entlasten Selbstständige dadurch, dass Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijobgrenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden.“ 

In Bezug auf eine verpflichtete Altersvorsorge gibt es gute Nachrichten für alle, die sich bereits selbstständig gemacht haben: Eine verpflichtete Altersvorsorge wird es nicht geben. Diese Regelung betrifft nur diejenigen, die neu gründen. GründerInnen können sich dabei aussuchen, welche Art der Altersvorsorge sie wählen, jedoch müssen dabei einige Bedingungen erfüllt sein, z. B. dass die Absicherung oberhalb der Grundsicherung liegt, insolvenz- und pfändungssicher ist:

Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Gründung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren. Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge steht allen Erwerbstätigen offen.“

Startup-Strategie: Gründung fördern sowie besonders Gründerinnen

In Kapitel IV des Koalitionsvertrags geht es um die Förderung von Startups, Gründungen und Innovationen. So heißt es auf Seite 30 beispielsweise:

„Wir stärken die Start-up- und Gründerförderung. Wir werden Gründungen aus allen Lebenslagen und eine Kultur der zweiten Chance unterstützen und dafür ein neues Förderinstrument schaffen, das auch für Unternehmensnachfolgen offensteht. Wir verabschieden eine umfassende Start-up-Strategie.“ 

Teil dieser Stärkung soll das Abbauen von Hürden speziell für Frauen und GründerInnen mit Migrationshintergrund sein, etwa was den Zugang zu Förderungen und Finanzierungen betrifft. Insgesamt steht dabei das Thema Diversität von Gründungen im Mittelpunkt. Darüber hinaus möchte der Staat seine Rolle als Kunde weiter ausbauen, d. h. dass Startups und jungen Gründungen ein vereinfachter, rechtssicherer Zugang zu öffentlichen Aufträgen ermöglicht werden soll.

Gründungsprozess und Formalitäten beschleunigen

Gründen soll insgesamt schneller möglich sein, Ziel ist eine Gründung innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sollen „One-Stop-Shops“ eingerichtet werden. Diese One-Stop-Shops sollen als Anlaufstellen für eine erste Gründungsberatung, -förderung und -anmeldung dienen und den gesamten Gründungsprozess deutlich beschleunigen. Dies soll auch durch neue digitale Möglichkeiten geschaffen werden, d. h. dass viele Schritte einer Unternehmensgründung zukünftig online möglich sein sollen.

Zur Vereinfachung von Gründungen und Förderungen bzw. Finanzierungen ist auch eine Stärkung der Rolle der staatseigenen KfW-Bank geplant. Insbesondere die Digitalisierung soll hier vorangetrieben werden, um ein höheres Tempo zu ermöglichen und die KfW-Bank zu einer Innovations- und Investitionsagentur umzuwandeln.

Weitere Ankündigungen:

  • Eine vom Arbeitslosengeld unabhängige Gründungsförderung – das finden wir richtig gut und innovativ!
  • Fortführung der Neustarthilfe sowie weitere Hilfen für künftige Krisen
  • Elterngeld für Selbstständige – auch darauf warten wir schon seit Jahren
  • Verbesserungen im Bereich Abmahnmissbrauch
  • Höhere Verdienstgrenze für KSK (Künstlersozialkasse)-Versicherte auch nach der Pandemie
  • Mehr Mitsprache und Mitbestimmung von Selbstständigen und GründerInnen bei zukünftigen Gesetzen

Stichwort Statusfeststellungsverfahren

Bevor wir darauf eingehen, was die neue Regierung zu diesem Punkt plant, eine kurze Erläuterung, was das Statusfeststellungsverfahren überhaupt ist. Grundsätzlich geht es darum, festzustellen, ob jemand sozialversicherungspflichtig ist oder nicht. Diese Frage kommt z. B. dann auf, wenn Angehörige eines Arbeitgebers für eine Tätigkeit oder ein geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH angemeldet werden. In diesem Fall wird das Verfahren von Amts wegen eingeleitet. Auch in Bezug auf eine vorliegende Scheinselbstständigkeit kann das Verfahren durchgeführt werden.

Das Verfahren findet auf Grundlage von § 7a SGB IV statt und kann von jeder Person beantragt werden, die berechtigte Zweifel am Sozialversicherungsstatus einer anderen Person hat. Der Antrag wird bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gestellt. Auch Krankenkassen können ein Verfahren einleiten oder es wird direkt von einem antragstellenden Rentenversicherungsträger durchgeführt.

Um hier die Gefahr, in eine Grauzone abzurutschen, zu reduzieren, plant die Koalition eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens. Wie genau diese Reform aussehen soll und welche Vorteile sich für GründerInnen und Selbstständige daraus ergeben, bleibt also erst einmal abzuwarten.

Fazit

Positiv zu bewerten ist, dass die neue Regierung sowohl Fehler aus der Vergangenheit erkannt hat und Verbesserungen anstrebt als auch die Vereinfachung vieler Prozesse in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat. Startups und Gründungen haben darin einen großen Stellenwert. Auch der VGSD (Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland) den wir als Mitglied unterstützen, sieht im Koalitionsvertrag viele Forderungen und Bestrebungen zumindest aufgenommen. Inwiefern jedoch tatsächlich eine zeitnahe Umsetzung stattfindet, bleibt abzuwarten.
Dennoch sehen wir das als ein Signal zur Aufbruchsstimmung, dass eine Gründung in Deutschland noch attraktiver wird. Tatsache ist bei allen Verbesserungen, dass kaum ein Land so viel Unterstützungen anbietet wie Deutschland.

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