Wenn Sie sich selbstständig machen, haben Sie die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzuzahlen und sich so gegen finanzielle Risiken abzusichern. Die Versicherung springt dann ein, wenn unerwartet eine Flaute eintritt und die wöchentliche Arbeitszeit unter 15 Stunden fällt und man sich bei der Arbeitsagentur als „erwerbslos“ meldet. Während Ihres Angestelltenverhältnisses haben Sie bereits über die monatliche Gehaltsabrechnung automatisch in die Kasse der Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Zum Start der Selbstständigkeit ist abzuwägen, ob der nun freiwillige Abschluss der Versicherung für Sie den gewünschten Effekt absichert.
Nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sich diese Möglichkeit der Absicherung bewährt, da durch die Arbeitslosenversicherung soziale Risiken für einen gewissen Zeitraum abgefedert werden können. Über einen Beobachtungszeitraum von rund drei Jahren gaben sechs Prozent derjenigen, die sich für die Arbeitslosenversicherung entschieden haben an, Leistungen bezogen zu haben.
Sinnvoll ist der Abschluss der Arbeitslosenversicherung beispielsweise dann, wenn sich ein neues Produkt erst in der Testphase befindet oder wenn man überhaupt nicht einschätzen kann, wie das eigene Angebot ankommt. Erfahrungsgemäß zeigt sich etwa nach drei Jahren, ob das eigene Business langfristig tragfähig ist. Wenn man sich als Unternehmer etabliert hat und über die nötige Planungssicherheit verfügt, ist es empfehlenswert zu prüfen, ob die Kosten der freiwilligen Arbeitslosenversicherung den Nutzen noch rechtfertigen. Sprich: Wie hoch ist das Risiko und wie viel Geld kommt am Ende überhaupt dabei raus, wenn der Fall der Fälle eintritt?
Ganz wichtig: Die Antragstellung muss innerhalb der ersten drei Monate der Selbstständigkeit bei der zuständigen Arbeitsagentur gestellt werden. Eine spätere Antragstellung ist nicht mehr möglich. Als Nachweis ist eine Gewerbeanmeldung oder eine Bescheinigung des Steuerberaters vorzulegen, aus der die hauptberufliche Selbstständigkeit ersichtlich ist. Wenn der Antrag gestellt wurde und alle anderen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, beginnt der Versicherungsschutz mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für das Versicherungsverhältnis erfüllt sind. Häufig erfolgt der Abschluss in einem Atemzug mit der Beantragung des Gründungszuschuss. Die freiwillige Arbeitslosenversicherung kann aber auch unabhängig davon abgeschlossen werden.
Das Arbeitslosengeld aus der freiwilligen Arbeitsversicherung richtet sich vorrangig nach Qualifikation und Region (Ost- oder Westdeutschland). Die Dauer der Zahlung aus dieser Arbeitslosenversicherung ist abhängig vom Umfang der Versicherungszeiten der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Arbeitslosigkeit und vom Lebensalter.
Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nicht nach der Höhe des im Normallfall gewährten Arbeitslosengeldes, sondern nach einem fiktiv zu Grunde gelegten Arbeitsentgelt. Diese Bezugsgröße ist ganz individuell und z. B. abhängig von der Qualifikation des Antragstellers (zwischen 400 und 1400 €) sowie von der Art der Beschäftigung, auf die die Arbeitsagentur dann Vermittlungsbemühungen richtet.
Als Richtwert für die Höhe des Anspruchs gilt nach Angaben der Arbeitsagentur folgendes Beispiel:
In Abhängigkeit von den Qualifikationsgruppen errechnet sich die Höhe des monatlichen Arbeitslosengeldes (Steuerklasse III/60% – ohne Kind) für das Jahr 2021 (als Richtwert) wie folgt:
Bitte beachten Sie, dass das hier berechnete Arbeitslosengeld lediglich ein Orientierungswert für Sie sein kann. Die o. g. Angaben zur Höhe sind daher rechtlich nicht bindend.
Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist abhängig vom Umfang der Versicherungszeiten, die in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit liegen sowie vom Lebensalter.
Die Arbeitslosigkeit ist in diesem Falle, genauso wie bei anderen Arbeitslosen auch, so schnell wie möglich zu beenden. Ehemals Selbstständige müssen sich eigenständig nachweislich um eine abhängige Beschäftigung bemühen, sonst erlischt der Anspruch.
Neben dem Arbeitslosengeld können bis zu 165 € monatlich abzugsfrei hinzuverdient werden. Alle Einnahmen darüber hinaus werden vom Arbeitslosengeld abgezogen.
Um das „Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag“, so der fachliche Name der Versicherung der Bundesagentur für Arbeit, zu nutzen, müssen Existenzgründer eine der zwei folgenden Voraussetzungen erfüllen:
Ausgenommen von der freiwilligen ALV sind:
Der monatliche Beitrag für Selbstständige bemisst sich nach einer sog. Bezugsgröße. Die Bezugsgröße wird auf der Grundlage des Durchschnittsentgelts in der gesetzlichen Rentenversicherung festgelegt und wird in der Regel jährlich neu festgelegt. Für das Jahr 2023 liegt der monatliche Beitrag für die freiwillige Arbeitslosenversicherung bei 88,27 € (West) bzw. 85,54 € (Ost).
Für Existenzgründer gilt eine Sonderregelung. Ab dem Zeitpunkt der Gründung plus dem folgenden Kalenderjahr – also in den ersten beiden Geschäftsjahren – zahlen frisch gebackene Unternehmer monatlich nur die Hälfte, d. h. 39,48 € (West) und 37,38 € (Ost). Die Beiträge müssen an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt werden und können steuerlich als Ausgabe geltend gemacht werden.
Seit Anfang 2011 kann die freiwillige Arbeitslosenversicherung erst nach fünf Jahren mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Das Versicherungsverhältnis wird von der Arbeitsagentur vorzeitig beendet, sobald die Versicherungsbeiträge nicht mehr bezahlt werden. Dieser Schritt ist jedoch gründlich zu bedenken, da mit der Nicht-Zahlung ggf. viele unangenehme Folgen verbunden sind, die Zeit und Nerven kosten.
Im ersten Monate hört sich eine Absicherung gegen einen finanziellen Totalausfall für Existenzgründer sehr verlocken an und die Entscheidung dafür oder dagegen scheint leicht. Doch auch wenn die Höhe der monatlichen Beiträge gerade für Gründer niedrig sind, müssen sie dennoch regelmäßig aufgebracht werden. Ein Großteil derer, die die freiwillige Arbeitslosenversicherung wieder kündigt, tut dies aus finanziellen Gründen. Weitere Details können Sie dem aktuellen Merkblatt der Agentur für Arbeit entnehmen.
Gründen in der Turbulenten-Zeit? Ob das eine gute Idee ist? Und ob! Warum sich gerade jetzt in Krisenzeiten erstklassige, ganz neue Möglichkeiten für Existenzgründer bieten, erfahren Sie hier im Video oder in unserem Blogbeitrag zum Thema „Warum gerade jetzt der richtige Zeitpunkt zum Gründen ist“.
1a-STARTUP Tipp: Lassen Sie sich in jedem Fall professionell unterstützen! Und zwar nicht nur von der Arbeitsagentur, sondern auch von einem neutralen Gründercoach bzw. Existenzgründungsberater. Gemeinsam können Sie objektiv abwägen, was speziell in Ihrer individuellen Situation für oder gegen den Antrag spricht. Die richtige Entscheidung hat in großen Einfluss auf Ihr finanzielles Risiko als Selbstständiger, daher sollte Sie erst nach reiflicher Überlegung getroffen werden. Aber: Auch nicht zu lange warten, sonst verstreicht die 3-monatige Anmeldefrist.
Übrigens: Die Kosten für eine Existenzgründungsberatung bei 1a-STARTUP sowie weitere Beratungsleistungen können mit einem AVGS (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein) komplett von der Agentur für Arbeit gefördert werden. Für eine kompetente Beratung zahlen Sie mit dem AVGS also keinen Cent! Mehr Informationen dazu finden Sie hier: AVGS-Aktivierungsgutschein.
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